Ist "immer schneller", "immer mehr" auch immer besser?

Letztlich geht es bei Menschen und Unternehmen um Effizienz, um die Zielerreichung mit

möglichst wenig Aufwand oder darum, bei gleichem Aufwand  bessere Ergebnisse zu erzielen.


Die Grafik links zeigt, dass Stress vorerst einmal die Leistungsfähigkeit eines Menschen erhöht, dass es aber ein Fehlschluss ist, zu meinen, dass immer mehr Druck die Leistungsfähigkeit ins Unermessliche treiben würde.

Schnell einmal kommt es zum "Break-Punkt", wo die Leistungsfähigkeit schlagartig abnimmt.


Ausbildung, Training und Routine führen zu einem Reserveeffekt und damit dazu, dass man mehr Stress erträgt, bevor auch dort der "Break-Punkt" erreicht ist.


Routine verführt jedoch schnell einmal dazu, dass man mit weniger Achtsamkeit und Konzentration ans Werk geht, was logischerweise die Fehlerhäufigkeit wieder ansteigen lässt.

Das Problem

Die Fehlerforschung zeigt, zwar mit unterschiedlichen Zahlen aber eindeutig auf, dass es menschlich ist Fehler zu machen. Eine der eindrücklichen Zahlen sagt, dass im Durchschnitt auf 1'000 qualifizierten Handlungen von Menschen ein Fehler passiert. Wenn wir davon aus gehen, dass ein Mensch pro Arbeitstag 5'000 qualifizierte Handlungen ausführt und in einem mittelgrossen Unternehmen 100 Mitarbeiter arbeiten, rechnen wir aus, dass in so einem Unternehmen täglich 500 Fehler passieren. Wir hoffen einfach immer, dass es sich dabei um Fehler handelt, die keinen grossen Schaden anrichten.


Es ist offensichtlich, dass Müdigkeit und Hektik die Fehlerhäufigkeit ansteigen lässt. Dies sieht man eindrücklich beim Sport: Das erste, was mit Hektik und zunehmender Müdigkeit nachlässt, ist die Konzentration. Mit zunehmender Müdigkeit machen Sportlerinnen und Sportler mehr Fehler.


Immer mehr und immer schneller, wie das heute in der Wirtschaft gefordert wird, führt aber dazu, dass Hektik aufkommt, dass Müdigkeit und damit verbunden Konzentrationsmängel entstehen. Logischerweise steigt dadurch die Fehlerhäufigkeit an.


Wenn wir Unfälle als "Fehler", nämlich als ungewolltes Ergebnis (unwanted outcome), auffassen, sehen wir sehr schnell, dass "immer schneller", "immer mehr" gerade das, was wir damit eigentlich anstreben, nämlich die Effizienz, in Frage stellen, denn Unfälle kosten das Unternehmen, nebst all dem persönlichen - nicht messbaren - Leid, sehr viel Zeit und Geld (Arbeitsausfall, Heilungskosten...). Betriebsunfall-Statistiken (z.B. von der Schweizerischen Berufsunfallversicherung, SUVA) zeigen, dass die Häufigkeit von Betriebsunfällen, trotz gross angelegten Präventionskampagnen, in der Schweiz stetig ansteigt.

Die Lösung

  • Es lohnt sich m.E. zu hinterfragen, ob "immer mehr" und "immer schneller" auch wirklich "immer besser" und tatsächlich effizient sind.
  • Es lohnt sich m.E., sich als Unternehmensleitung aber auch als Einzelperson zu fragen, ob das was wir machen und wie wir es machen auch gesund ist.
  • Es lohnt sich m.E., Achtsamkeit und Kommunikation zu schulen. (Kommunikation fängt da an, wo Gesprächsführung aufhört!)


Einige Beispiele aus der Praxis

  • In vielen Organisationen, in denen es um Leben und Tod geht (Krankenhaus, Feuerwehr, Polizei) hat man "ten for ten" geschult und damit gute Erfahrungen gemacht. "Ten for ten" heisst: Bevor wir in lebensbedrohenden Situationen übereilt handeln, lohnt es sich, uns 10 Sekunden Zeit zu nehmen, um die Handlungen der nächsten 10 Minuten durchzudenken.


  • In einer Papierfabrik hat man festgestellt, dass die Produktion viel effizienter wird, wenn die Maschinen um 10% langsamer fahren als ursprünglich. So konnten die lästigen, zeitverzögernden Papierabrisse und die damit verbundenen Maschinenstopps, hektische Reparaturarbeiten und das heikle Wiederanfahrensprozedere massiv reduziert werden. Damit stieg sogar die Produktivität.


  • Ein Software-Entwicklungs-Unternehmen hat erkannt, dass schon eine kurze Achtsamkeitsschulung, verbunden mit einem Kommunikationstraining eine signifikante Effizienzsteigerung brachte.


Dass  "immer schneller", "immer mehr", nebst den oben beschriebenen Folgen auch noch das Aufkommen von Krankheiten, wie z.B. Burnout, Belastungsdepressionen, Ängste, Infektionskrankheiten..., begünstigt, lassen wir an dieser Stelle vorerst einmal unerwähnt.